Bundesrat informiert irreführend

“Abstimmungsbüechli” wird zum “Auslassungsbüechli”

Nachdem die Initianten der Vollgeld-Initiative bereits eine Klage gegen die Bundesverwaltung prüfen, sorgt jetzt auch das online bereits zugängliche offizielle Abstimmungsbüchlein des Bundes für Ärger. Darin wird vom Bundesrat ein verzerrtes Bild der Initiative gezeichnet, welches das Stimmvolk verwirrt, anstatt aufzuklären. Damit verletzt der Bundesrat den Grundsatz, wonach der Bund in seiner Information Vollständigkeit, Sachlichkeit und Transparenz zu wahren hat und nicht Propaganda betreiben darf. Die Initianten prüfen eine Klage.

Bereits am 4. April 2018 haben die Vertreter der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) versucht, die Medienschaffenden in einem Medienseminar mit nachweislich falschen Aussagen bewusst zu desinformieren. Das Initiativkomitee der Vollgeld-Initiative prüft deshalb bereits eine Klage gegen die EFV. Doch damit nicht genug: Im “Abstimmungsbüechli” zur Initiative zeichnet der Bundesrat mit derselben Methode ein verzerrtes Bild der Vollgeld-Initiative. Die Initianten beanstanden insgesamt 20 grobe Fehler. Mediensprecher Dr. oec. Reinhold Harringer: “Es sind so viele Halbwahrheiten, Verkürzungen und falsche Zusammenhänge, dass die Vollgeld-Initiative nicht mehr erkenntlich ist. Wer anhand des Bundesbüchleins abstimmt, hat eine andere Initiative vor Augen, aber nicht die Vollgeld-Initiative, um die es am 10. Juni geht.” Die Vollgeld-Initiative stelle die Frage, wer unser Geld herstellen soll: Die einer öffentlichen Kontrolle unterliegende Schweizerische Nationalbank oder private Geschäftsbanken wie die UBS und CS.

 

Geldsystem vom Bundesrat falsch dargestellt

Das heutige Geld- und Bankensystem wird vom Bundesrat falsch dargestellt. Er schreibt: “Die Banken können Kredite auf zwei Arten vergeben: Sie können dafür das Geld benutzen, das Kundinnen und Kunden auf ihr Bankkonto einbezahlt haben. Sie können aber auch Geld schaffen.” (S. 9) Die erste Aussage ist schlicht falsch!

Richtig ist: Im heutigen System geben Banken bei der Kreditvergabe keine Spargelder der Kunden weiter. Dies würden Banken erst mit der Annahme der Vollgeld-Initiative tun. Der Darstellung des Bundesrates widersprechen Zentralbanken weltweit und auch Schweizer Geschäftsbanken wie die Aargauer Kantonalbank und die Freie Gemeinschaftsbank Basel. Bei einer Kreditvergabe einer Bank entsteht jedes Mal neues Buchgeld.

Irreführung über Geldschöpfung

Damit nicht genug: Bereits in der Einleitung „Darüber wird abgestimmt“ (S. 3) werden von den zwei im Initiativtext genannten Varianten der Geldschöpfung durch die Nationalbank nur die eine Variante erwähnt. Die zweite Variante wird schlicht ausgelassen; Die Nationalbank soll Geld nämlich nicht nur an Bund, Kantone und Bürger auszahlen, also “schuldfrei” in Umlauf bringen können. Ebenso wichtig ist auch der nachfolgende Satz des Initiativtextes, wonach die SNB wie bis anhin Darlehen an die Banken gewähren kann. Diese Möglichkeit wird in der wichtigen Zusammenfassung schlicht ausgelassen. Dem Leser des Bundesbüchleins wird suggeriert, mit der Vollgeld-Initiative gäbe es nur noch einen Weg der Geldschöpfung, nämlich die Auszahlung an Bund, Kantone und Bürger. Diese Fehlbeurteilung ist dann Basis für die weitere irreführende Argumentation des Bundesrates.

Richtig ist: Die Nationalbank kann wie bisher auch Darlehen an Banken vergeben, sowie Devisen und Anlagegüter kaufen. Sie entscheidet im Zusammenhang mit ihrer Geld- und Stabilitätspolitik frei darüber, in welchem Umfang sie jeweils diese verschiedenen Varianten der Geldschöpfung nützt.

Falsche Zahlen über die Bedeutung der Banken

Um die Bedeutung des Bankenplatzes für die Schweiz zu unterstreichen, nennt der Bundesrat die Beschäftigtenzahlen des ganzen Finanzsektors – also beispielsweise inklusive der Versicherungswirtschaft und sonstigen Finanzdienstleister (S. 7).

Richtig ist: Von der Vollgeld-Initiative sind nur die Banken betroffen. Damit reduziert sich der Anteil der angeblich betroffenen Beschäftigten von 5,6 % auf 3,0 %. Das wäre jedoch nur halb so imposant. Mehr noch: Wegen der Vollgeld-Initiative wird kaum ein Schweizer Arbeitsplatz verloren gehen, da die Banken weiterhin für alle Bankdienstleistungen wie bisher zuständig sind. Die Banken-Arbeitsplätze sind nicht durch die Vollgeld-Initiative bedroht, sondern durch die neuen Möglichkeiten mit Fintech 2.0. Und: Sollte die Schweiz die Chance nutzen und in der Geldpolitik effektiv eine Vorreiterrolle übernehmen, ist davon auszugehen, dass der Finanzplatz Schweiz gestärkt aus der Abstimmung hervorgehen wird.

Initianten prüfen Klage

Zusammengefasst muss festgehalten werden: Die Erläuterungen des Bundesrates erfüllen die Anforderungen, welche das Bundesgericht an Abstimmungserläuterungen stellt, mit den Ausführungen zur Vollgeld-Initiative nicht. Das Bundesgericht verlangt von Abstimmungserläuterungen (BGE 138 I 61, S. 83): „Im Sinne einer gewissen Vollständigkeit verbietet das Gebot der Sachlichkeit indessen, in den Abstimmungserläuterungen für den Entscheid des Stimmbürgers wichtige Elemente zu unterdrücken, für die Meinungsbildung bedeutende Gegebenheiten zu verschweigen oder Argumente von gegnerischen Referendums- oder Initiativkomitees falsch wiederzugeben.“

 

Die Initianten prüfen auf dieser Grundlage deshalb eine Klage gegen den Bundesrat. Darüber hinaus sind die Initianten enttäuscht, dass sich der Bundesrat weigert, auf die grundlegenden Fragen der Initiative einzugehen. Damit bringt er gegenüber dem Instrument der Volksinitiative eine Geringschätzung zum Ausdruck, die schlecht zum Image einer direkten Demokratie passt.

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