Bundesrat ignoriert Wissenschaft

Bern - Der Bundesrat lehnt die Vollgeld-Initiative ab. Das Initiativkomitee erstaunt dies, denn die Umsetzung der Vollgeld-Initiative führt laut internationalen Studien zu sicherem und echtem Geld auf unseren Konten, einem stabileren Finanzsystem und einer Stärkung der Realwirtschaft.

Die positive Wirkung von Vollgeld bestätigen unter anderem fachspezifische Studien von IWF und KPMG. Mit Vollgeld könnte die Schweizer Nationalbank zudem jedes Jahr zusätzlich einen Geldschöpfungsgewinn zwischen 5 bis 10 Milliarden an Bund, Kantone oder als Bürgerdividende auszahlen, was direkt die Schweizer Realwirtschaft stärkt.

Ablehnung des Bundesrates nicht stichhaltig
Leider übersieht der Bundesrat die zahlreichen positiven Aspekte der Vollgeld-Initiative. Darüber hinaus sind die fünf wichtigsten Argumente des Bundesrats, die seiner Meinung nach gegen eine Vollgeldreform sprechen, auch leicht zu entkräften:

1. Der Bundesrat befürchtet, dass Vollgeld eine unerprobte Umgestaltung des Geld- und Währungssystems mit erheblichen Risiken sei.
Die Aussage des Bundesrats steht im Widerspruch zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung zu Vollgeld: Das international renommierte Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG zeigt in einer Metastudie, dass die überwiegende Anzahl der wissenschaftlichen Studien zu einem positiven Ergebnis kommt: Vollgeld führt zu mehr ökonomischer Stabilität und Beschäftigung, zu geringeren öffentlichen und privaten Schulden und zu einer Verhinderung von Inflation. Der Bundesrat geht in keiner Zeile darauf ein. Bereits früher hat der IWF in seiner Fachstudie “The Chicago Plan Revisited” die Vorteile klar benannt.

2. Der Bundesrat übersieht auch, dass es Vollgeld schon immer und überall gab und die Vollgeld-Initiative nichts grundsätzlich Neues will:
Vollgeld in Form von Banknoten, Münzen und elektronischem Geld der Nationalbank ist das, was in der Bevölkerung unter “Geld” verstanden wird und wofür sich die Schweizer Bevölkerung im Grundsatz 1891 in einer Volksabstimmung entschieden hat. Das elektronische Buchgeld der Banken verbreitete sich durch die Einführung des elektronischen Zahlungsverkehrs erst in den letzten Jahrzehnten. Das geschah unmerklich. Nach Umfragen sind 80 % der Bürgerinnen und Bürger der Ansicht, das elektronische Buchgeld würde von der Nationalbank erzeugt und nicht von den Banken. Die Vollgeld-Initiative korrigiert diese Fehlentwicklung und verwandelt die heutigen Zahlungsversprechen der Banken zu echtem Vollgeld.

3. Der Bundesrat befürchtet, durch eine schuldfreie Schaffung neuen Geldes sei die SNB vermehrt politischen Begehrlichkeiten ausgesetzt
Die Nationalbank steht schon immer und auch heute unter grossem politischen Druck und muss damit umgehen. In den letzten Jahren bewies sie ihre Unabhängigkeit insbesondere gegenüber den Begehrlichkeiten der Kantone im Zusammenhang mit den Gewinn-Ausschüttungen oder auch betreffend ihren Abwägungen im Gesamtinteresse des Landes bei Frankenstärke oder Finanz- bzw. Bankenkrisen. Bei einer Auszahlung neuen Geldes direkt an die Bürger - eine Möglichkeit der in Umlaufbringung von neuem Geld - ist nicht einzusehen, weshalb dies zu einer Verpolitisierung der Nationalbank beitragen würde. Diese Bürgerdividende (eine Form von “Helikoptergeld”) wird bereits international als wichtiges zusätzliches geldpolitisches Werkzeug diskutiert. Eine politische Begehrlichkeit kann daraus sicher nicht abgeleitet werden.

4. Der Bundesrat befürchtet, das Gewinnpotenzial der Banken würde abnehmen
Banken können mit und ohne Vollgeld gute Gewinne machen. Das zeigt die PostFinance, die heute schon ähnlich wie eine Vollgeld-Bank arbeitet, da sie selbst kein Geld erzeugen kann. Die PostFinance macht jährlich rund 600 Millionen Franken Gewinn. Auch Versicherungen und andere Finanzunternehmen arbeiten rentabel, ohne selbst Geld zu schöpfen.
Das bisherige Privileg der Banken, selbst eigenes Geld zu erzeugen, kommt einer enormen staatlichen Subvention gleich. Banken haben heute ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber allen anderen Unternehmen. Eine solche Wettbewerbsverzerrung passt nicht zu einer Marktwirtschaft.
In Zeiten des Null-Zinses haben Banken keinen finanziellen Vorteil mehr von der eigenen Geldherstellung und schreiben trotzdem Gewinne. Ob Banken kostenlos selbst Geld schöpfen oder zu Null Prozent Zins von der Nationalbank leihen, macht für sie keinen Unterschied. Deshalb ist die Vollgeldreform für Banken finanziell neutral.


5. Der Bundesrat befürchtet, dass die Geldmenge nicht mehr reduzierbar wäre.
Um die Geldmenge zu reduzieren kann die Nationalbank auch mit Vollgeld jederzeit Darlehen an Banken auslaufen lassen oder Devisen und Wertpapiere verkaufen. Die Nationalbank wird niemals die gesamte Geldmenge schuldfrei in Umlauf bringen. In der Praxis wird die Menge an schuldfrei ausbezahlten Geld so gering sein, dass dies im Verhältnis zu den Aktiven in der Nationalbankbilanz kaum auffällt, auch wenn sie die schuldfreie Auszahlung über Jahre wiederholt. Angenommen, die SNB bezahlt jedes Jahr 5 Milliarden SFr. schuldfrei aus (die heutige Gewinnausschüttung der SNB ist 1 Milliarde SFr.), so wären das ein Prozent der gegenwärtigen Bilanzsumme.

 

Links:

Medienmitteilung und Botschaft des Bundesrates